Führungskraft als Coach:in? Eine Frage der Klarheit – nicht des Könnens

Führung braucht keine Verwechslung mit Coaching. Dieser Artikel beleuchtet, was eine coachende Haltung wirklich bedeutet – und wo Führung ihre eigene Stärke entfaltet. Für mehr Klarheit, Präsenz und Selbstführung im Führungsalltag.

Fragende Pascale: Geht das?

Inhaltsverzeichnis

Bist du Führungskraft als Coach:in? Oder eher Führungskraft? Oder eher Coach:in?

Du führst Menschen. Du trägst Verantwortung – für Ergebnisse, für Entwicklung, für Gespräche, die auch mal unangenehm sind. Und vielleicht hast du den Satz auch schon gehört: „Führungskräfte müssen heute coachen können.“

Was auf den ersten Blick modern klingt, wirft bei näherem Hinsehen viele Fragen auf. Vor allem: Was bedeutet das überhaupt – coachen? Und: Ist das im Rahmen der Führungsrolle überhaupt realistisch?

Eine Leserin und Führungsperson hat mir kürzlich genau dazu geschrieben – sehr klar, sehr direkt, sehr treffend. Ihre Rückmeldung hat mich motiviert, das Thema differenzierter zu beleuchten. Danke dafür.

Ich lade dich ein, hier gemeinsam einen genaueren Blick darauf zu werfen. Und gleich vorweg: Ja, eine coachende Haltung ist für gute Führung zentral. Aber ein Coachingprozess innerhalb der Führungsbeziehung – das ist etwas völlig anderes.

Was eine coachende Haltung wirklich bedeutet

Ich selbst habe über viele Jahre Führungserfahrung gesammelt – und parallel eine fundierte Ausbildung als Coach und Beraterin gemacht – viele Jahre bis zum MAS Coaching & Organisationsentwicklung. Und auch wenn sich viele Methoden, Haltungen und Prinzipien wunderbar in die Führungsarbeit integrieren lassen, war mir immer klar: Ich bin hier nicht in einer Coachingrolle.

Was ich aber tun kann – und bewusst tue – ist, in der Führung aus einer Haltung heraus zu agieren, die geprägt ist von:

  • echtem Zuhören, ohne vorschnell zu bewerten
  • Fragen stellen, statt Lösungen vorzugeben
  • dem Vertrauen, dass mein Gegenüber Ressourcen und Antworten in sich trägt

Diese Haltung ist nicht neu – sie ist einfach nur anspruchsvoll. Sie fordert Reflexion, Geduld, Präsenz. Und sie macht einen grossen Unterschied. Und ist es nicht eigentlich das, was nebst klaren Entscheiden und Themen anzugehen, was wir von einer guten Führung erwarten können? Aber zuerst zum Thema Coaching.

Coaching hingegen ist etwas anderes

Ein professionelles Coaching ist ein geschützter Raum. Die Coachees kommen freiwillig, mit einem Anliegen. Der Coach ist unabhängig, weder in Entscheidungsprozesse noch in Beurteilungen eingebunden. Die Beziehung ist vertrauensvoll und an keine Bedingungen geknüpft – und genau das macht tiefe, offene Prozesse erst möglich.

Als Führungskraft bist du aber Teil des Systems. Du triffst Entscheidungen, du gibst Feedback, du bewertest Leistungen. Und selbst wenn du das Gespräch ganz offen führst – dein Gegenüber weiss: Diese Person hat Einfluss auf meine Entwicklung.

In meinem eigenen Führungsalltag habe ich sehr genau gespürt, wo diese Grenze liegt. Und ich habe erlebt, wie schnell ein Gespräch kippen kann, wenn es vermeintlich offen beginnt – und dann doch in eine Richtung geht, die vom Machtgefälle geprägt ist.

Prof. Dr. Eric Lippmann bringt es gut auf den Punkt: Wenn du in der Führung coachst, musst du dir extrem bewusst sein, in welcher Rolle du gerade sprichst. Ob du wirklich offen bist für jede Richtung – oder nicht doch (unbewusst) berätst, steuerst oder implizit bewertest.

Führungskraft als Coach – weil günstiger?

Ein weiterer Aspekt, den Lippmann et al. thematisieren, ist die zunehmende Nutzung von „Coaching durch Führungskräfte“ als mögliche Kostenersparnis: Externe Beratungsleistungen sollen reduziert, interne Rollen gestärkt werden. Schreyögg (2012) betont hierbei als Führungsperson in eine coachende Haltung zu gehen, aber dass der Begriff Coaching im ursprünglichen Sinne nicht greift. Denn das, was viele Führungspersonen leisten, ist eine Art von Entwicklungsgespräch – aber kein professionelles Coaching.

Das sehe ich ganz ähnlich. Gerade weil ich weiss, wie viel Ausbildung, Erfahrung und Supervision nötig ist, um wirklich coachen zu können – und wie hoch die Verantwortung ist, die damit einhergeht.

Und was ist mit internem Coaching?

Ich habe intern gecoacht – in einem Grossunternehmen, über mehrere Jahre, als Führungsperson im Rahmen von 360°-Feedback-Prozessen. Aber nie im eigenen Bereich. Ich habe nur Personen begleitet, zu denen ich keinerlei disziplinarische oder operative Beziehung hatte. Und genau deshalb hat es funktioniert.

Sobald du in einer Doppelfunktion bist – HR-Funktion, Führungsaufgabe, Beurteilungskompetenz – entsteht ein Spannungsfeld. Was, wenn im Coaching Inhalte geteilt werden, die personalrechtlich relevant wären? Was, wenn du plötzlich entscheiden musst, ob du das Gesagte vertraulich behandelst – oder als Führungsperson im Interesse des Unternehmens handeln musst?

Diese Situationen sind nicht konstruiert. Sie passieren. Und sie zeigen, wie schnell Vertrauen bröckelt, wenn Rollen nicht klar sind.

Wieso der Begriff allein nicht reicht

Vielleicht liegt das Problem auch im Begriff selbst. Führungskraft als Coach klingt nach Fortschritt. Nach Nähe, nach Miteinander. Und vielleicht ist es auch einfach der Versuch, sich von einem autoritären, hierarchischen Führungsstil zu lösen – ohne sprachlich (und inhaltlich) bereits das passende Modell zu haben.

In dieser Lücke entsteht Unschärfe. Und Unschärfe schadet der Rolle. Denn wenn du alles gleichzeitig sein sollst – Entscheider:in, Berater:in, Coach, Kollege:in – dann fehlen dir irgendwann die Klarheit und der Fokus.

Gerade in neuen Organisationsformen, wie sie Frederic Laloux in „Reinventing Organizations“ beschreibt, zeigt sich ein anderer Umgang mit dieser Frage: Dort, wo Hierarchien reduziert, Entscheidungsprozesse verteilt und Selbstführung gestärkt wird, entstehen oft neue Formen der Beratung – nicht als Coaching im engen Sinn, sondern als Prozess unter gleichwertigen Kolleg:innen. Dort gilt: Je weitreichender ein Entscheid, desto mehr Perspektiven sollen einbezogen werden. Aber auch hier ist klar: Das ist kein Coaching, sondern ein bewusst strukturierter Beratungsprozess – getragen von Klarheit über Rollen, Verantwortung und Grenzen.

Was also tun? Drei Impulse für deine Praxis

  1. Bleib in deiner Rolle – und reflektiere deine Haltung.
    Du darfst Raum geben, ohne dich Coach zu nennen. Es reicht, präsent zu sein, zu fragen, nicht sofort zu bewerten.
  2. Erkenne, wann du zu nah dran bist.
    Wenn dein Gegenüber zögert, sich öffnet oder Themen nur streift – frag dich: Bin ich die richtige Person dafür? Oder braucht es Distanz?
  3. Nutze externe Unterstützung bewusst.
    Gerade bei komplexen, sensiblen Themen ist es ein Zeichen von Stärke, jemanden Dritten beizuziehen. Das entlastet – dich und dein Gegenüber.

Fazit

Eine coachende Haltung ist wertvoll. Sie ist Teil guter Führung. Aber sie ist nicht gleichbedeutend mit einem Coachingprozess.

Als Führungskraft kannst du begleiten, fördern, Raum geben – aber du bist nie neutral. Und das ist okay. Solange du deine Rolle kennst – und nicht vorgibst, eine andere zu sein.

Denn genau das macht Führung heute aus: Klarheit, Selbstreflexion und der Mut, sich selbst nicht zum Alleskönner zu erklären.

Und wie steht es mit dir?

Du fragst dich, wie eine coachende Haltung in deinem Führungsalltag konkret aussehen kann – ohne dich zu verbiegen oder deine Rolle zu verwässern?

Dann schreib mir.

Ich zeige dir die wichtigsten Eckpunkte, wie du Klarheit, Präsenz und echte Entwicklungsimpulse in deine Führung integrierst – ohne Coach zu spielen.
Individuell, praxistauglich und mit Fokus auf deine Realität.

Quellen

Laloux, F. (2015). Reinventing Organziations. Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstifender Formen der Zusammenarbeit. München: Vahlen

Lippmann, E. et al (2019). Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte: Führungskompetenz und Führungswissen. Berlin. Springer

Podcast IAP Psychologie konkret. Die Führungskraft als Coach – geht das? Interview mit Prof. Dr. Eric Lippmann. https://soundcloud.com/user-889318751/die-fuhrungskraft-als-coach-geht-das (abgerufen am 04.08.2025)

Schreyögg, A. (2012). Coaching. Eine Einführung für Praxis und Ausbildung. Frankfurt. Campus.

Eine Frau schaut lächelnd zu 2 weiteren Personen in Business Outfits

Ich bin Pascale,

deine Veränderungsbegleiterin und Impulsgeberin für Menschen und Unternehmen.

Mit meiner Beratung unterstütze ich dich dabei, deine wahre Stärke zu entdecken und echte Veränderungen zu schaffen, die nicht nur auf Zahlen, sondern auf Menschen setzen. Gemeinsam entwickeln wir eine klare und menschliche Ausrichtung, die dich und dein Unternehmen über bisher bekannte Grenzen hinauswachsen lässt – hin zu einer inspirierenden Arbeits- und Lebenswelt voller Vertrauen, Authentizität und Erfolg. Dies geschieht mit viel Freude und Energie, aber stets mit Achtsamkeit, die notwendig ist, um eine echte Veränderung zu entfachen. So entsteht eine Kultur, die inspiriert und echtes Engagement weckt.

Eine Welt, die passend für dich, dein Team oder dein Unternehmen ist. Und wo Erfolg und Menschlichkeit Hand in Hand gehen.

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